Geführte Besichtigung der ethnografischen Fotoausstellung "Bitter Oranges - Afrikanische Erntearbeiter in Kalabrien" im Lycée Guillaume Kroll
(Code : D4-e-81)
Kontext / Contexte
Viele der Bootsflüchtlinge, die über Lampedusa nach Europa kommen, landen als Saisonarbeiter auf den Orangenplantagen in Kalabrien. Die Arbeitsbedingungen sind durch Ausbeutung und extreme Prekarität gekennzeichnet: als Tagelöhner, ohne Arbeitsvertrag, verdienen sie nur etwa 25 Euro an einem 12-14-stündigen Arbeitstag. Doch die meisten finden nur an wenigen Tagen im Monat Arbeit, denn die Konkurrenz ist groß. Die Hungerlöhne bringen in der Folge schockierende Lebensbedingungen mit sich: die Arbeiter müssen in Slums leben, die sie aus Karton und Plastikplanen am Rande der Stadt errichten, oder in einem Zeltlager, das vom Zivilschutz errichtet wurde. Da die Kapazitäten dieser Lager bei weitem nicht ausreichen, sind die hygienischen Zustände desaströs. Diejenigen, die nicht genug verdienen konnten, um zur nächsten Saisonarbeit an anderen Orten zu fahren, sind gezwungen, auch nach der Erntesaison zu bleiben. Im Sommer, wenn es keine Arbeit gibt, müssen viele von ihnen hungern.
Die Fotoausstellung Bitter Oranges ist das Ergebnis einer mehrjährigen Forschung, in der Prof. Dr. Gilles Reckinger, zum Teil in Begleitung durch wechselnde Projektmitarbeiter_innen, regelmäßig die Orangenarbeiter von Rosarno aufsuchte. Dem partizipativen Ansatz des Projektes folgend, ließ er die Arbeiter selbst mit Digitalkameras bzw. Smartphones ihre Lebenssituationen dokumentieren. Ihren Aufnahmen sind Fotografien und Film- und Tondokumente des Forschers zur Seite gestellt.
Ziel der Ausstellung ist es, die sklavenähnlichen Lebensbedingungen der Arbeiter einem breiten Publikum bekannt zu machen. Zugleich werden auf leicht verständliche Weise die strukturellen Bedingungen ihrer Lebenslagen zwischen europäischer Migrationspolitik, Preisdruck in der Lebensmittelproduktion und extremer Prekarisierung an den unteren Rändern der Arbeitsgemeinschaft deutlich gemacht.
Zielsetzung / Objectifs
Wissen
Die Teilnehmer/-innen kennen
- die Lebenswelten der Betroffenen (die Strukturen der Orangenproduktion, die Arbeitsbedingungen, die Wohnverhältnisse, das Alltagsleben im Camp, ihre Familienbeziehungen, ihre persönlichen Geschichten und die gelebte Solidarität in den Slums)
- die Produktionsbedingungen und die Auswirkungen billiger Lebensmittel auf Menschen, Gesellschaft und Umwelt.
Fähigkeiten
Die Teilnehmer/-innen sind in der Lage:
- die aktuelle Situation von Migration, Prekarität und der Flüchtlingspolitik der verschiedenen EU-Staaten zu reflektieren
- unterschiedliche Perspektiven für einen ethisch, gesundheitlich und umweltverträglichen Konsum von Lebensmitteln zu entwickeln
- Ideen zu entwickeln, um die Thematik der Ausstellung in ihren Unterricht einzubauen.
Haltung
Die Teilnehmer/-innen:
- begleiten mit Fachwissen die Schüler/-innen kompetent innerhalb der Ausstellung
- bereiten die Thematiken der Ausstellung im Unterricht vor- und nach.
Inhalt / Contenu
Die Ausstellung beginnt mit einer kurzen schematischen Überblickstafel und einem Storyboard, die anschaulich in die geographische und rechtliche Situation einführen.
Die 106 Fotographien bieten kontinuierlich tiefere Einblicke in die Lebenswelten der Betroffenen: Von den Strukturen der Orangenproduktion und ihren Arbeitsbedingungen zu den Wohnverhältnissen, vom Alltagsleben im Camp in die persönlichen Bereiche des Kochens, der Hygiene, Familienbeziehungen, persönlichen Geschichten und gelebter Solidarität angesichts eklatanter Not.
Die Fotos der Erntearbeiter und die des Forschungsteams sind dabei gleichberechtigt gehängt und mit Initialen versehen, die über den/die Autor_in Aufschluss geben. Die Bilder sind teilweise mit kurzen erklärenden, neutral gehaltenen Bildunterschriften versehen, die die Bilderfahrung mit Hintergrundwissen kontextualisieren.
12 viersprachige Texttafeln ergänzen die Bilder mit vertiefenden Texten und Fallgeschichten. Sie gliedern die Ausstellung in verschiedene Kapitel (Orangenproduktion in Rosarno, Arbeitsbedingungen, Zeltstadt, Zeugnisse, Kommunikation, Slum im Wald, Forschen im Slum, globale Zusammenhänge). Hinzu kommen eine Ankündigungstafel und eine Informationstafel über das Team und die Sponsoren.
Arbeitsformen / Approche méthodologique
Gruppenführung mit anschliessendem Podiumsgespräch.
Referent, Referentin / Formateur, formatrice
Gilles Reckinger, Prof. Dr. habil., Ethnologe mit den Arbeitsschwerpunkten Migration, Prekarität und Europäisches Grenzregime. Er arbeitet als freier Wissenschaftler und Lehrbeauftragter an verschiedenen Universitäten und Hochschulen in Österreich, der Schweiz, Deutschland und Luxemburg
Termin / Date et horaire
Groupe A
Modalité : | Présentiel |
---|---|
Date : | le lundi 11 mars 2024 de 18.30 à 21.30 heures |
Lieu : | Lycée Guillaume Kroll - Salle polyvalente |
Nombre max. de participants : | 50 |
Places disponibles : | 30 |
Statut de la formation : | Formation attestée |
Délai d'inscription : | - |
Public cible
Contexte professionnel : | [EF] Enseignement fondamental [ES] Enseignement secondaire |
---|---|
Catégorie de fonction : | Personnel enseignant Personnel éducatif Personnel dirigeant |
Informations complémentaires : | personnel enseignant |
Praktische Hinweise / Informations pratiques
Langue(s) : | luxembourgeois |
---|---|
Informations : | Serge Krier - futur2@lgk.lu |
Organisation : | formation organisée en coopération avec le Groupe de pilotage du projet d'établissement Futur2-Guillaume Goes Green |