Zweitsprache(n): Nach der ersten Sprache weitere Sprachen lernen 

 

Für einen beträchtlichen Teil der Kinder in Europa ist die Landessprache bekanntlich Zweitsprache, viele Kinder wachsen mehrsprachig auf. Wenn die Landessprachen nicht in der Familie gelernt werden, haben vorschulische Einrichtungen und Schule die Aufgabe, die Kinder in die Zweitsprache einzuführen und sie beim Zweitsprachlernen zu unterstützen. Im Elementarbereich lernen Kinder Sprache über das Ohr, durch Zuhören und Reproduzieren von Äußerungen anderer. Dazu brauchen sie ein reiches Angebot und Geduld mit ihren ersten Äußerungen, in denen sie anfangs

 

- meist fertige Formeln nachsprechen,

- zunächst nur eine oder zwei Artikelformen gebrauchen (die Jungemit die Junge),

- noch nicht über Verbformen verfügen (da so kaputtnix Auto), und

- viel zeigen (der so machen+Geste).

 

Beispiele für Deutsch als Zweitsprache:

 

• Anna (4 Jahre alt, Erstsprache Italienisch) zur Erzieherin:
„Tasse haben – auch Tasse haben…"

• Ibi (3 Jahre alt, Erstsprache Arabisch, Kontakt mit Deutsch zwei Monate) greift mit den Händen in eine Lego-duplo-Kiste und spricht:

„Das ist das und der ist der und das ist das und der ist der und das ist das und das ist das… gehtich" (= geht nicht??)

• Han Yanjun (3;6 Jahre alt, Erstsprache Chinesisch, Kontakt mit Deutsch ein halbes Jahr im Kindergarten) sitzt mit einer Bonbontüte in der Ecke

• Ahmet (4;5 Jahre alt, Erstsprache Türkisch, Kontakt mit Deutsch 1,5 Jahre im Kindergarten) beim Sprechen über Bilder:
„Da ist die Hund – guckt um die Ecke – hat ein hm und geht nicht – ist immer dicker – guck mal!"

Die Phasen des Zweitspracherwerbs junger Kinder laufen sehr ähnlich ab wie bei der  Erstspracherwerb  Erstsprache. Es gibt aber auch Besonderheiten:

 

Während von jungen Kindern die Verbstellung relativ rasch und die Verbformen im Laufe von ein bis zwei Jahren bei reichem Input meist korrekt erworben werden, macht der Artikel des Deutschen mehr Probleme.

 

derdiedasdemdendes und eineineeineneinemeines sind schwierig zu unterscheiden, weil für die Kinder nicht sinngefüllt. Die Artikel werden von den Kindern über das Hören und Sprechen gelernt. Es scheint jedoch ein Erwerbsschema zu geben: Meist erleichtern die Kinder sich die Lernarbeit, indem sie sie in Portionen aufteilen.

 

Auch Kinder, deren Erstsprache Artikel besitzt, tun die ersten Äußerungen ohne Artikel. Wenn sie erkannt haben, dass man im Deutschen den Artikel setzt, beginnen sie mit der oder die und setzen diese Wörter an alle Artikelstellen (1. Phase des Artikelerwerbs). Dann differenzieren sie zwischen diesen beiden Artikeln (2. Phase). Nach einer Weile gehen sie zu den über (3. Phase), dann zu das (4. Phase) und dem (5. Phase). des kommt erst später mit Vorleseerfahrung oder mit dem Schrifterwerb. So werden über die Kommunikation im Laufe mehrerer Monate oder längerer Zeit die Fälle des Deutschen gelernt. Oft wird  Sprachförderung als nötig angesehen.