Sprache braucht Stoff

Neben dem zugewandten Dialog ist etwas Weiteres besonders zu beachten: Sprache braucht Stoff! Sprache entwickelt sich nicht allein an sich, sondern in Auseinandersetzung mit anderen Sprechern sowie mit dem Alltag, mit der Welt und ihren Gegebenheiten. Schon die ersten Wörter (S)Eine Sprache erwerben wie papawauwaunamnam bezeichnen Gegenstände der Welt; und so geht es weiter. Die Gegenstände werden mit Wörtern oder Wortgruppen bezeichnet (Die Blume ist rot, hat rote Blüten), sie werden nach und nach voneinander unterschieden und erhalten eigene Namen (die Tulpe oder die Rose?; ein Dorn oder ein Stachel?; Obst oder Gemüse?), sie werden in Beziehung gesetzt (Die Ameise krabbelt auf dem Blatt. – Der Hase und der Igel laufen um die Wette.) und, am Ende, fachsprachlich gefasst (Wassereine farb- und geruchlose Flüssigkeitwird bei Wärme ein Gas, das sich in der Luft verflüchtigt.).Das ist ein langer Prozess, der zunächst in mündlicher Alltagssprache erfolgt, in höheren Grundschulklassen auch die Schrift- und Bildungssprache nutzt und später als Fachsprache mit festen Fachausdrücken verbunden ist, mündlich und schriftlich.

(Nebenbei: Ein anderer Stoff für das Sprachlernen ist die Schulorganisation selbst: >> Schulsprache).

Es gibt dort eine spezifische Sprache für den Ablauf der Interaktionen (Wir nehmen unsere Stühle und bilden leise einen Kreis. – Es wäre nett, wenn jetzt alle Butterbrote weggepackt wären. Wer möchte die Rechenstäbe austeilen?…)

Was die Kinder entdecken, wollen sie mitteilen, und dazu brauchen sie Sprachmittel. Zu Anfang reicht der situative / situationsabhängige Verweis, s. Beispiel 5-Jähriger:

(1) Kai pflückt ein Gänseblümchen und steckt es wortlos in sein Lupenglas.

Emma: Wow ist die riesig. (die Ameise im Vergrößerungsglas)

Kai: Eigentlich ist die mini.

Emma will Tiere suchen, Ohrenzwicker.

Emma: sehr groß, aber sehr toll.

Kai: Ich schau mal am Baum. (mit der Lupe)

Emma entdeckt einen Pilz.

Emma: Der ist bestimmt giftig.

Diese situationsgebundene Sprechweise reicht nicht mehr aus, wenn die Kinder zuhause von ihren Entdeckungen erzählen wollen; sie müssen dann eine explizite, situationsunabhängige Sprechweise lernen. Das geschieht durch dialogische Erweiterungen, die Erwachsene anbieten: „Ah, du hast eine riesige Ameise beobachtet?" à Maximen des Sprachverhaltens in Zyklus 1. Kinder verstehen das schnell, mit 6 Jahren erzählen sie explizit von einem Ausflug so:

E: Was für Tiere habt ihr denn gesehen?

K1: Ich habe eine Amsel mit Wurm im Mund gesehen.

K3: Ich habe zum Beispiel eine Wespe und eine Hummel gesehen.

K5: Ich hab n Goldfisch -- n Goldfisch gesehen. Der saß im Teich auf ner Seerose.

Sprachgebrauch hat den Alltag oder das systematische Weltwissen zum Inhalt (à Bildungssprache), aber auch Fiktives und Phantastisches, ja sogar die Sprache selbst ist Gesprächsgegenstand. All das ist Stoff, über den gesprochen wird.

Das Institut de Formation continue empfiehlt die folgenden Weiterbildungsangebote: