Grundsätze mehrsprachiger Erziehung beachten

..Kinder sind nicht überfordert, wenn sie in der Familie zwei Sprachen gleichzeitig lernen. Zwei- und sogar Mehrsprachigkeit ist keineswegs ein Privileg hochbegabter Kinder; sie brauchen dazu ein reiches Sprachangebot in einem unterstützenden Umfeld. Wenn sie älter sind, können sie ihre Lese- und Schreibfertigkeit für die zweite und dritte Sprache nutzen.

..Auch Kinder mit geistiger Behinderung können in der Familie zweisprachig werden, denn oft hören sie aufmerksam zu und können Klänge gut verfolgen. Man darf ihnen Zweisprachigkeit zutrauen, es gibt viele gelingende Beispiele, auch wenn der Lernfortschritt langsamer erfolgt.

..Im Allgemeinen wird für die simultan zu erwerbende Zweisprachigkeit das Prinzip der funktionalen Sprachentrennung empfohlen, das bedeutet „eine Person – eine Sprache"; jedes Elternteil repräsentiert eine Sprache, und das Kind baut emotionale Beziehungen zu den Personen und zu deren Sprachen auf. Es lernt also in der Familie eine Papasprache und eine Mamasprache bzw. eine Omasprache / Opasprache oder eine Tantensprache von der Tagesbetreuerin oder ähnlich. Wichtig bleibt, dass die betreffenden Personen in ihrer Sprache zugewandt, reichlich und verständig mit dem Kind sprechen. In jeder Sprache soll mindestens ein Drittel der Lebenswelt des Kindes versprachlicht werden, damit ein Sprachsystem aufgebaut werden kann. Zu wenig Sprachangebot leistet einen solchen Aufbau nur unvollständig und führt höchstens zu partiellem Verstehen. – Wenn die Familie mehrere Sprachen ohne funktionale Sprachentrennung gebraucht, wird das Kind diese Sprachen zu verstehen lernen. Ob es jede einzelne dieser Sprachen später korrekt sprechen kann, liegt an vielen individuellen, emotionalen, auch quantitativen Faktoren und ist nicht einfach vorhersagbar.

..Die Erwachsenen sollten sich in der Sprache, die sie mit dem Kind sprechen, sicher und vertraut fühlen; sie sollten in ihr Gedanken und Gefühle, aber auch Wissen ausdrücken können. Dann können sie z.B. das, was sie tun, liebevoll erklärend sprachlich begleiten: „handlungsbegleitendes Reden" in beiden Sprachen („Wollen wir das Paket aufmachen? Was brauchen wir denn da? … zuerst eine Schere, damit ritzen wir das Klebeband ein, so…"). Dabei muss Raum für das Kind bleiben, das mitreden will im „handlungsbegleitenden Dialog". Denn das Kind soll nicht mit einem zu starken Sprachfluss überschüttet werden.

..Die Familie braucht aber nicht nur die zwei verschiedenen Sprachen, sondern auch eine Familiensprache. In welcher Sprache reden die Eltern miteinander, wer berät sie dabei? Oft ist die Familiensprache eine der beiden Sprachen, manchmal eine dritte Sprache: In einer Familie, in der die Eltern Portugiesisch und Lëtzebuergesch als Erstsprache haben, kann Deutsch oder Französisch als Familiensprache gewählt werden, wenn beide Eltern es gut verstehen und sprechen können. Für das Kind kann die Erziehung so simultan dreisprachig verlaufen. Wenn es in allen Sprachen genügend Sprachangebot erhält und nicht psychisch belastet wird, ist die Dreisprachigkeit selbst kein Problem.

(Belastet würde ein Kind durch Konflikte, z.B. wenn sich die Eltern über den Sprachgebrauch in Standardsituationen nicht einig wären, weil einer die Sprache des anderen nicht schätzt oder weil einer zu viel vom Kind fordert…)

..Die Eltern sollten daher eine Haltung dazu finden, welche Sprache sie als Familiensprache, in Gesellschaft von Nachbarn, Freunden usw. sprechen wollen. Allerdings kommt es auch vor, dass Kinder mit der Zeit die Nicht-Umgebungssprache verweigern.

Das Institut de Formation continue empfiehlt die folgenden Weiterbildungsangebote: