Lautung der neuen Sprache fördern

Neben der Grammatik (Zweitsprachen) soll hier auch auf Besonderheiten der Lautung hingewiesen werden, da sich mit zunehmendem Alter die Artikulationsorgane träger zeigen:

Es gibt Laute, die in vielen Sprachen nicht vorkommen.

Vokale: Ein Beispiel ist das ü, das in den slawischen Sprachen, in manchen romanischen Sprachen (Italienisch, Spanisch, Portugiesisch), im Griechischen, Japanischen und sogar in manchen deutschen Dialektvarianten nicht benutzt wird. Kinder, die daheim eine Sprache ohne ü sprechen, lernen die Mundstellung (Lippen vorn, gerundet) evtl. mit Spiegeln. Das kann in Kleingruppen und durchaus spielerisch geschehen. – Der Vokallaut [u] entspricht in einigen Sprachen nicht dem Graphem u, sondern ou oder o.  – Das Vokalgraphem e wird im Standarddeutschen offen oder geschlossen, mit oder ohne Länge (Längenzeichen [:]) als [ɛ], [ɛ:]  oder [e:] artikuliert: er fälltFähregeht;  oder sogar tonlos als [ǝ]: Gebote. In vielen Sprachen spielt – anders als im Deutschen – die Vokallänge keine Rolle. In vielen Sprachen gibt es nur das offene [ɛ]: vede usw.

Ähnliches gilt auch für andere Vokale wie öeu [ø, ᴐy]: Löweheute, wobei [ø] von den fremdsprachigen Sprechern durch [ɛ] oder [e] ersetzt wird. Alle Zwielaute / Diphtonge / Doppelvokale sind schwierig, zumal sie (z.B. dt. [oi] - /eu/, [ai] - /ei/; frz. [oa] - /oi/) oft anders geschrieben als gesprochen werden.

Die verschiedenen Nasale finden in der Zweit- und Fremdsprachenvermittlung meist reichlich Aufmerksamkeit.

Für Konsonanten sei der Unterschied zwischen b und w erwähnt: Griechisch b wird heute als Reibelaut [v] gesprochen, im Spanischen liegen /b/ und /v/ zwischen Lippen- und Reibelaut und klingen (fast) gleich. Vgl. Russisch w und g ():

Als im Deutschunterricht Wörter gesucht werden, die, wie WindWetterWandweißwill

mit w beginnen (Anlaut), meldet sich Eleni und sagt „Ball".

Auch Behauchung der Plosivkonsonanten pbtd wie im Deutschen [phinie] /Pinie gegenüber romanischen Sprachen (frz. [pɛ˜] / pin; [piɲ] / pigne)  spielt im Sprachenlernen eine Rolle bei der Lautung.

Im Deutschen und Französischen sind um einen Vokal herum oft mehrere Konsonanten anzutreffen (die im Deutschen – fast – alle ausgesprochen werden: [ʃtRumpf] / Strumpf, im Französischen nicht [sɛt, prɛ˜tã] septprintemps.

Während ein Kind bis zum eigentlichen Sprechbeginn alle möglichen Laute bilden kann und spielerisch bildet, verengt sich die Lautbildung nach und nach auf die Laute derjenigen  Sprachen, die aktiv erworben werden. Je älter man wird, desto träger werden die Artikulationsorgane, die gern bequem ihre eingeübten Bewegungen ausführen und sich anderen widersetzen. Deswegen ist frühzeitiges Üben der Lautbildung erfolgreich. Die Trägheit betrifft auch das Hören, so dass das Hören ungewohnter Sprachlaute eigens trainiert werden muss, wie der Fremdsprachenunterricht zeigt. Bei Artikulationsübungen können Handspiegel den Kindern helfen, ihre Mundstellung zu erkennen und zu steuern, s.o.; Bilderbücher mit Tierbildern leiten junge Kinder zum Üben von Artikulation an; beides macht in der Gruppe sogar Spaß. Für das Hörtraining werden Rätselspiele eingesetzt.

Lautkombinationen in Wörtern sind manchmal ein Problem. Die Vokale werden von Kindern (und auch Erwachsenen) im Zweit- und Fremdspracherwerb des Deutschen deutlich wahrgenommen, die umgebenden Konsonanten werden leicht verwechselt:

In einer Klasse mit überwiegend Zweitsprachkindern:

Lehrerin: Heute habe ich euch ein Buch mitgebracht, in dem wir unsere Wörter finden können. So ein Buch heißt Lexikon.

Ana, 9 Jahre: Aber Sie haben gesagt das sind kleine kalte Menschen. 

Lexikon – Eskimo: Das Beispiel zeigt am deutlichsten, wie dieselbe Vokalfolge in zwei Wörtern mit ähnlichen Konsonanten (sk – ks=x) zur Verwechslung führt, weil die Vokale stärker wahrgenommen werden. Andere Beispiele sind Pfütze – pflückenBrett – BlechBürste – Brüste; vgl. Pflaum 2003 mit Beispielen junger Erwachsener wie Zahnwürste – BratbürsteSie fuhren nach Ostern und Western (Osten und Westen)Ich hatte von Essen Bauch weg (Bauchweh). Bei Letzterem kommt hinzu, dass Bauch weg für den Sprecher Sinn ergibt.

Das Institut de Formation continue empfiehlt die folgenden Weiterbildungsangebote: